
Junge Chefs
Der Grünschnabel
Der Walzenhersteller Bolz war reif für die Abwicklung. Dann kam David Uhlenbrock, Unternehmersohn auf der Suche nach Selbstverwirklichung. Zwei Jahre später schätzen ihn die Mitarbeiter, die Zahlen stimmen, der Neue schafft Jobs. Porträt eines Rastlosen
Schnelles Geld – oder Treue
Bislang konnte Uhlenbrock seinem Vorsatz treu bleiben. „Natürlich hätte ich den Laden auch abwickeln und schnelles Geld machen können. Aber ich habe immer an die Mitarbeiter und an die Firma geglaubt“, sagt Uhlenbrock. Als kleiner Junge hatte er mitbekommen, wie sein Großvater, der Gründer einer Maschinenbaufirma mit mittlerweile 45 Angestellten, einem Mitarbeiter kündigen musste. „Das möchte ich niemals machen müssen.“
„Noch gilt für mich: Erst die Firma, dann ich.“David Uhlenbrock
22 neue Mitarbeiter hat er bislang eingestellt, und nicht nur die Neuen nehmen dem jungen Chef mittlerweile ab, dass es ihm um das langfristige Wohl der Firma geht. „Na, David, zurück aus dem Urlaub“, begrüßen die Mitarbeiter Uhlenbrock, als er seinen täglichen Rundgang durch die Produktionshallen macht. Er gratuliert einem Arbeiter nachträglich zum Geburtstag, begrüßt einen Mitarbeiter, der nach längerer Krankheit wieder im Dienst ist, schüttelt Dutzende Hände und klopft auf viele Schultern. Uhlenbrock macht das nicht, weil er es in einem Buch über Personalführung gelesen hat. „Meine Mitarbeiter und ich verbringen hier viel Zeit zusammen. Da ist es doch besser, wenn die Arbeit Spaß bringt und die Stimmung gut ist“, sagt er.
Von Tuten und Blasen keine Ahnung
Der Chef, der nur Anzug trägt, wenn er Kundentermine hat, und sich in der lauten Produktionshalle genauso wohl fühlt wie in seinem bescheidenen Büro, ist mit fast allen Mitarbeitern per Du. „Als David den Laden übernahm, hatte er von Tuten und Blasen keine Ahnung. Aber er hat sich schnell eingearbeitet und auf unsere Erfahrung gesetzt. Aber ein ‚Weiter so. Das haben wir immer so gemacht‘ gibt es mit ihm nicht. Das ist manchmal anstrengend, aber alternativlos“, sagt Christian Simon, der seit 17 Jahren im Betrieb ist.
Es war schließlich dieses „Weiter so“, das den 1975 gegründeten Walzenhersteller 2013 in die Insolvenz trieb. Die Digitalisierung ließ die Nachfrage nach Druckwalzen schrumpfen, die Produktion wurde in Billiglohnländer verlegt. „Mein Vorgänger hat dem alten Geschäft hinterhergetrauert, anstatt auf die neue Marktsituation zu reagieren“, sagt Uhlenbrock. Er reagierte mit Investitionen in moderne Maschinen, einer stärkeren Kundenorientierung und dem Ausbau des Spezialwalzenbaus.
So konnten verloren gegangene Kunden zurückgewonnen und neue Auftraggeber akquiriert werden. David Uhlenbrock müsste sich den Stress nicht machen. Im familieneigenen Betrieb war er schnell zum geschäftsführenden Gesellschafter aufgestiegen, hätte ihn in dritter Generation leiten können. Doch er wollte etwas Eigenes. Ob auch David Uhlenbrocks „Baby“ eines Tages in dritter Generation bestehen wird, ist noch unklar – er ist Single. Auf seinem Handy hat er keine Fotos von Frau und Baby, sondern Bilder von Mitarbeitern und Maschinen. „Noch gilt für mich: erst die Firma, dann ich.“
Fragebogen
David Uhlenbrock über …
Geduld
Habe ich nicht. Finde das auch nicht so schlimm. Geduld würde mich nur bremsen.
Zusammenhalt
Mein Opa hat in mir den Unternehmergeist geweckt. Meine Oma macht mir jeden Tag um sieben Uhr Frühstück. Mein Vater ist mein wichtigster Berater. Und von meiner portugiesischen Mutter habe ich gelernt, dass die Lebensfreude auch trotz viel Arbeit nicht zu kurz kommen darf.
Vertrauen
Ich muss mich auf meine Leute verlassen können und sie sich auf mich. Punkt.
Kommunikation
Interne und externe Kommunikation kommt in vielen Betrieben zu kurz. Ich möchte meine Mitarbeiter dazu bringen, direkt mit unseren Kunden zu kommunizieren. Das erhöht ihre Identifikation mit der Firma und spornt jeden Einzelnen an, noch besser zu werden.
Philipp Hedemann
Titelfoto: © Julia Unkel
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