
Interkulturelles Management
Sushi für die Ohren
Dort, wo Menschen aus verschiedenen Kulturen miteinander kommunizieren, läuft nicht immer alles glatt. Das Wissen um die Unterschiede erleichtert den Umgang. Dennoch kommt es häufig zu Missverständnissen.

„Für türkische Jugendliche ist ein respektvolles Verhältnis zum Vater selbstverständlich. Sie scheuen sich daher auch im Job, Älteren zu widersprechen.“, sagt Klaus Boll, Personalentwicklung Bosch.
Dass eine bunte Belegschaft hilft, das Geschäft voranzubringen, hat man auch bei Ikea erkannt. So schlug zunächst der Versuch von Ikea Deutschland fehl, mit besonders orientalisch gestalteten Wohnzimmern bei den türkischen Verbraucherinnen und Verbrauchern zu punkten. Erst als türkischstämmige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Unternehmen zu weniger kitschigen Einrichtungen rieten, kam der Verkauf in Schwung. Um die Vielfalt zu managen, gibt es in jedem Ikea-Einrichtungshaus eine Diversity-Gruppe, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort Integrationsmaßnahmen umsetzen. Lesepartnerschaften, bei denen jemand mit guten Deutschkenntnissen Nachrichten an weniger deutschkundige Kolleginnen und Kollegen übersetzt, sind ein Beispiel dafür.
Mehr Akzeptanz in kleinen, gemischten Teams
Eine auf kulturelle Vielfalt ausgelegte Firmenkultur lässt sich nur durch klare Vorgaben des Top-Managements entwickeln. Denn als Reaktion der Belegschaft sind von Skepsis über Vorurteile bis hin zu offener Fremdenfeindlichkeit alle Facetten denkbar. Um bunte Teams zu funktionierenden Einheiten zusammenzuschweißen, ist es sinnvoll, das Miteinander nicht einfach zu verordnen und die Reibungen mit dem Verweis, man arbeite schließlich in einem gemeinsamen Unternehmen, unter den Teppich zu kehren.
„Wenn man so tut, als ob alle gleich wären, führt es dazu, dass Gegensätze sich verstärken“, warnt Birgit Nissel vom ZIM. Die ZIM-Fachleute raten dazu, gemischte Teams zu bilden, die an überschaubaren Teilaufgaben arbeiten. Während sie ihre Ziele erreichen, bemerken sie, wer welche speziellen Kompetenzen in die Zusammenarbeit einbringen kann. Unterschiedlichkeit wird so zu einer wertvollen Eigenschaft eines Teams, die hilft, das operative Ziel zu erreichen.
Checkliste
Von Fettnäpfchen und Missverständnissen
Welche Fehler auch große Unternehmen machen – oder gerade noch verhindern können:
Auto-Namen
Bevor Pkw-Hersteller ihre Modelle in anderssprachigen Ländern einführen, sollten sie die Namen von einer landes- und sprachkundigen Agentur prüfen lassen. Toyotas Zweisitzer MR2 würde sich in Frankreich beispielsweise eher schlecht verkaufen lassen, da MR2 – schnell ausgesprochen – wie ein Schimpfwort klingt. Daher heißt das schnittige Modell dort nur MR. Mitsubishi wiederum hätte mit seinem Pajero in Spanien und Lateinamerika für Gelächter gesorgt. Dieser Begriff ist ein starkes Schimpfwort für einen Mann. Deshalb wurde das Auto für die spanischsprachigen Märkte in Mitsubishi Montero umbenannt.
Geschmack und Verträglichkeiten
Ein namhafter Nahrungsmittelhersteller plante die Einführung eines Joghurts auf dem japanischen Markt. Er verteilte vor Ort Testprodukte und befragte die Japaner, ob ihnen der Joghurt schmecke. Die Mehrheit antwortete mit Ja. Aufgrund des positiven Ergebnisses standen die Produkte schon bald in den Supermärkten – und wurden zum Ladenhüter. Denn Japaner vertragen Milchprodukte nicht gut, da ihnen ein bestimmtes Enzym fehlt. Nach der Bekömmlichkeit hatten die Marktforscher leider nicht gefragt.
Teamgröße und Kopfbewegungen
Große Verhandlungsteams sind in Japan ein Zeichen von Stärke. Je mehr Leute, desto mächtiger und einflussreicher ist die Gesprächspartnerin bzw. der Gesprächspartner. Wer als deutsche Delegation nur mit der Kernmannschaft antritt, signalisiert, dass er nicht mithalten kann. Nur Juristinnen und Juristen haben in den Runden nichts zu suchen. Sie mitzunehmen, gilt als Misstrauensbeweis. Dennoch würden Japanerinnen und Japaner dies nie unmissverständlich äußern. Sie sagen selbst dann noch „ja“, wenn sie „nein“ meinen. Nicken ist lediglich ein Zeichen der Aufmerksamkeit; es bedeutet: „Ich höre zu.“
In Kürze
Fünf Fakten über Interkulturelles Management
Interkulturelles Management ist nicht nur bei Verhandlungen der Führungsebene mit internationalen Partnern wichtig, sondern auch bei zunehmend internationalen Belegschaften.
Interkulturelle Trainings oder speziell als „Kulturmittler“ geschulte Mitarbeiter tragen zur besseren Verständigung der Belegschaft bei.
Die Investitionen in interkulturelle Maßnahmen lohnen sich, denn gut eingespielte, vielfältige Teams zeichnet oft ein starker Ideenreichtum und eine hohe Innovationsbereitschaft aus.
Ein Miteinander unterschiedlicher Kulturen kann nicht von oben herab verordnet werden.
Überschaubare Aufgaben für gemischte Teams sind sinnvoll, damit die Mitarbeiter die Kompetenzen der einzelnen Kollegen besser kennen lernen.
Titelfoto: © Isabel Klett
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