
Unternehmen 50+
Knochenjob am Gleis
Gleisbau und die Herstellung von Betonfertigteilen sind die Hauptgeschäftsbereiche von Hering Bau im nordrhein-westfälischen Burbach. Der 100 Jahre alte Familienbetrieb hat ein Konzept entwickelt, um Mitarbeiter in dem körperlich anstrengenden Job bis zur Rente halten zu können. Nicht unwichtig für ein Unternehmen, bei dem viele Mitarbeiter in der Region kaum Job-Alternativen haben.
Die Aussicht auf Alternativen im Unternehmen wirkt sich auf die Arbeitsmoral aus und damit auch auf die Gesundheit, davon ist Firmenchefin Annette Hering überzeugt: „Junge Mitarbeiter machen sich bereits Gedanken, ob sie ihr gesamten Berufsleben in dem anstrengenden Job überstehen.“ Das sorgt für Stress, Fehlzeiten, schlechte Motivation – wenn die Mitarbeiter nicht das Gefühl haben, dass es tatsächlich anderen Möglichkeiten im Betrieb gibt. Und das etwas für ihre Gesundheit getan wird.
Bereits vor 15 Jahren begann das Unternehmen, eine Strategie zu entwickeln. Der hohe Krankenstand gab damals des Ausschlag: Rückenbeschwerden, Erkältungen, die Firmenleitung musste etwas tun. Mittlerweile gibt es einen regelmäßig tagenden Arbeitskreis im Unternehmen, dem die Geschäftsführung, der Betriebsrat, das Personalmanagement und Vertreter aus jedem Unternehmensbereich angehören. Außerdem wird ein örtlicher Arbeitsmediziner zu den Treffen eingeladen.
„Mittlerweile haben die Vorgesetzten ein Auge dafür, wer stressgefährdet ist, wer vielleicht Unterstützung benötigt“Annette Hering, Firmenchefin Hering Bau
Eine der ersten Maßnahmen war, den Mitarbeitern eine Rückenschulung anzubieten. Doch die Kooperation mit einem etwa zehn Kilometer entfernten Fitnessstudio schlug fehl – das Interesse war eher mau. Mittlerweile ist direkt am Firmengelände ein Fitnessstudio mit physiotherapeutischer Fachkompetenz angesiedelt worden, das besser angenommen wird. Hering Bau zahlt seinen Mitarbeitern die Hälfte der Gebühren, ein benachbartes Unternehmen schickt ebenfalls seine Mitarbeiter dorthin.
Gemeinsam nach Lösungen suchen
Doch Hering Bau geht es nicht nur um Rückenschulung und Muskelaufbau, sondern auch um Vermeidung von Krankheiten im Betrieb: Die Arbeitshöhen bei den Produktionstischen, auf denen die Betonfertigteile hergestellt werden, können individuell an die Körpergröße angepasst werden. Und im Gleisbau gibt es altersgemischte Teams: „Ältere, erfahrene Mitarbeiter und Jüngere, die Kraft haben“, wie es Firmenchef Annette Hering ausdrückt. Auf die Zusammenstellung der Teams achten die Disponenten und Bauleiter. Das ist ein wichtiger Punkt im Gesundheitsmanagementkonzept der Firma.
Die Chefs werden geschult, um ihren Blick für körperlichen und psychischen Stress ihrer Mitarbeiter zu schärfen. 80 Führungskräfte wurden in zwölf Gruppen aufgeteilt, ein externer Berater engagiert, der die Schulungen durchführte. „Mittlerweile haben die Vorgesetzten ein Auge dafür, wer stressgefährdet ist, wer vielleicht Unterstützung benötigt“, sagte Annette Hering. Dabei geht es viel um Kommunikation: Miteinander reden, wenn Dinge nicht so laufen wie geplant, gemeinsam nach einer Lösung suchen. Das entlastet einzelne Mitarbeiter, vermindert Stress.
Dabei sucht der regelmäßig tagende Arbeitskreis nach immer neuen Ansatzpunkten. Zum Beispiel wurden bessere Vertretungsregeln besprochen: Vorgesetzte haben Stellvertreter, die auf demselben Informationsstand sein sollen. Das nimmt den Druck von Vorarbeitern, Bauleitern und anderen Chefs auch auf der mittleren Ebene, immer funktionieren zu müssen – ein Stressfaktor weniger.
Titelfoto: © Tillmann Franzen
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