
Filmproduzentin Regina Ziegler
Die Chefin im Saloon
Knallharte Geschäftsfrau, leidenschaftliche Produzentin: Seit über 40 Jahren prägt Regina Ziegler die deutsche Film- und Fernsehlandschaft. Rückschläge schrecken sie nicht ab. Nicht dauerhaft jedenfalls.
Vertrauen in Nachfolge und Netzwerk
Als Regina Ziegler 1973 als Produzentin zu arbeiten begann, war sie quasi die einzige Frau im Metier. Für ihren ersten Film lieh sie sich Geld bei jedem, der ihr unterkam. Sie hatte Glück. „Ich dachte, ich wäre tot“ wurde ein großer Erfolg, gekrönt mit dem Bundesfilmpreis. Viele ihrer Produktionen waren auch international beliebt. „Die Wölfe“ etwa oder „Korczak“.
Heute führt sie das Unternehmen zusammen mit ihrer 45-jährigen Tochter Tanja, die mittlerweile sogar die Mehrheit an der Firma hält. Ein Beispiel für perfekte Nachfolge? Einige Branchenbeobachter zweifeln, ob Ziegler-Film ohne Regina den Status als wichtigster unabhängiger TV- und Filmproduzent in Deutschland halten kann. Sie selbst tut das nicht und verweist auf eine Dekade erfolgreicher Zusammenarbeit Seite an Seite mit ihrer Tochter.
Ziegler-Film steht für eine Mischung aus gefälliger Abendunterhaltung á la „Der Winzerkrieg“ und anspruchsvolleren Werken wie „Weißensee“. 20 Millionen Euro Umsatz muss die Firma machen, damit sie die Gehälter der derzeit 48 Angestellten aus dem operativen Geschäft bezahlen kann. Das entspricht acht bis zehn Auftragsproduktionen, zwei international koproduzierten TV- und zwei Kinofilmen pro Jahr. In guten Jahren verbucht Ziegler-Film auch schon mal einen Umsatz von 50 Millionen. Die starken Schwankungen wirken sich auch auf die Personalarbeit aus. Mal baut Ziegler-Film eine eigene Abteilung mit festen Angestellten für Dokumentationen auf, dann wieder ab. Mal sorgt die Chefin dafür, dass Filmcrews monatelang ein gutes Auskommen haben, dann fehlt es auch ihr plötzlich an Aufträgen. Langfristige Arbeitsbeziehungen zu pflegen, ist unter solchen Umständen ein Kraftakt.
Wie Ziegler Druck aus der Branche entgegentritt
Die zunehmenden Etatkürzungen von Fernsehsendern, von denen Regina Zieglers Firma stark abhängig ist, setzen den Produzenten zu. Es ist ihre Aufgabe, die Anforderungen des Senders und der Regisseure, Ausstatter und Schauspieler auszutarieren. Sie muss darauf achten, dass die Qualität nicht allzu sehr leidet, obwohl gespart werden muss. Dann werden nämlich Drehbücher umgearbeitet, Schauspieler gestrichen und die Handlung geschrumpft. Selbstredend soll der Zuschauer nichts davon bemerken. „Ich muss ein bisschen zaubern können“, sagt die Unternehmerin. „Ich kann, darf und will den Tarifvertrag für die Leute hinter der Kamera nicht verletzen. Das ist nicht wie beim Teppichhandel.“
Dass sich seit einiger Zeit auch die Schauspieler organisieren und einen Tarifvertrag mit maximaler Tagesarbeitszeit verlangen, kann Regina Ziegler verstehen. Schauspieler arbeiten nämlich zum Teil für 250 Euro Tagesgage, während eine Filmkuh 450 Euro kostet. „So einen 10-Stunden-Tag finde ich ausreichend. Es hat keiner was davon, wenn die Schauspieler sich 14 Stunden rumquälen und auch im Gesicht nicht mehr die Möglichkeit haben, so wahrgenommen zu werden, wie sie eigentlich sind.“
Trotzdem, so sagt sie, „muss es manchmal Ausnahmen geben, etwa wenn es gerade das letzte Tageslicht ist oder der Drehort morgen abgedreht ist.“ Davon, wie sie sich aus der Abhängigkeit der TV-Sender befreien kann, hat sie bereits einen Plan: „Meine Vision ist es, mehr in den internationalen Markt reinzugehen, Finanzierungen durch Koproduktionen hinzubekommen.“ Es gibt mehr Filme, deren Handlung auch im Ausland spielt, sagt sie. Ein guter Moment, internationale Koproduzenten ins Boot zu holen.
Man könnte Regina Ziegler für eine dieser Selfmade-Heldinnen halten, von denen ihre frauenaffinen 20.15-Uhr-Filme handeln: entschlossen, tatkräftig, immer wieder aufstehend. So wie jetzt, nach dem Debakel um Henri IV, der an der Kinokasse floppte und sie zwei Millionen ihres Privatvermögens kostete. Seit drei Jahren zahlt sie sich deswegen kein Geschäftsführerinnengehalt mehr aus. Doch schlimmer als der finanzielle Verlust war wohl die Enttäuschung darüber, dass der 20-Millionen-Euro-Film zumindest in Deutschland keinen Anklang fand. Darüber, so richtig einen vor den Bug bekommen zu haben. Doch wie in der Liebe, so ist es auch im Film: Wenn Regina Ziegler an etwas glaubt, gibt sie sich dem vollends hin. Das kann auch mal zu einem unglücklichen Ende führen. Einen Schutz davor, sich etwas, an das sie glaubt, vollends hinzugeben, gibt es nicht. „Da bin ich unverbesserlich“, sagt sie und lacht mit dunklem Timbre das Lachen einer, die ihre Schwäche lieben gelernt hat. „Da kann ich für nichts garantieren, das muss ich ganz ehrlich sagen.“
Fragebogen
Regina Ziegler über…
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Titelfoto: © Christian Schmid
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