
Alkohol am Arbeitsplatz
Wenn der Mitarbeiter zu tief ins Glas schaut
Hier ein Sektchen zum Geburtstag, da ein Feierabendbier: Alkohol ist im Büro allgegenwärtig. Entsprechend schwer zu erkennen ist, wann Alkohol zum Problem wird. Worauf müssen Vorgesetzte achten? Und wie können sie dem Betroffenen helfen?

Peter Raiser
Wie sollte der Arbeitgeber beim Vier-Augen-Gespräch auftreten?
Es gibt zwei bewährte Gesprächsmodelle, zwischen denen der Arbeitgeber wählen kann. Entweder führt er ein „Fürsorgegespräch“, in dem die Kernbotschaft lautet: „Wir machen uns Sorgen! Wir wollen helfen!“ In diesem Fall sollte er auch Hilfsangebote parat haben, etwa Adressen von Beratungsstellen oder Broschüren, die das Problem adressieren. Oder er entscheidet sich für ein „Klärungsgespräch“, bei dem die Probleme im Vordergrund stehen, die der Mitarbeiter verursacht hat. Auch bei diesem Modell bietet der Arbeitgeber seine Unterstützung an, er bringt aber stärker seine Erwartung zum Ausdruck, dass der Mitarbeiter die Probleme auch anpackt und langfristig ausräumt.
Was tun, wenn nach dem Gespräch keine Besserung eintritt?
Wir empfehlen dann einen sogenannten Fünfstufenplan: Er umfasst bis zu fünf Gespräche und dient dazu, den Druck auf den Mitarbeiter schrittweise zu erhöhen. Vorgesehen ist unter anderem, dass man von Gespräch zu Gespräch mehr Personen hinzuzieht – etwa weitere Vorgesetzte oder Vertreter der Personalabteilung. Der Mitarbeiter sollte von Anfang an über den Stufenplan informiert sein. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber während des gesamten Prozesses am obersten Ziel festhält, das Problem gemeinsam zu lösen. Erst mit der fünften Stufe, wenn alle Maßnahmen nicht gefruchtet haben, droht die Kündigung.
Kann man dem Betroffenen nicht auch entgegenkommen, indem man ihm eine Arbeit oder eine Arbeitszeit anbietet, die mit weniger Stress verbunden ist?
In einer Wiedereingliederung, zum Beispiel nach einer Therapie, gehören solche Vereinbarungen dazu. Im Vorfeld sind Maßnahmen dieser Art jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn sie können dazu führen, dass der Mitarbeiter sein Problem nur halbherzig oder gar nicht anpackt. Nur wenn der Betroffene glaubwürdig vermittelt, dass er an sich arbeitet, etwa eine Therapie macht, können neue Arbeitszuschnitte als Ergänzung sinnvoll sein.
Kann ein Mitarbeiter nach so einer Suchtepisode überhaupt wieder zu voller Leistungsfähigkeit zurückkehren?
Auf jeden Fall. Menschen mit dieser Erfahrung können das Unternehmen auch bereichern. Wir erleben nicht selten, dass diese Mitarbeiter zu Ansprechpartnern bei Suchtproblemen ernannt werden oder im Unternehmen Selbsthilfegruppen gründen.
Suchtprobleme am Arbeitsplatz
Praktische Hilfe für Personalverantwortliche
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. hat eine Broschüre entwickelt, die Personalverantwortlichen und Führungskräften von kleinen und mittleren Unternehmen sehr gute Orientierung bietet, wenn ein Kollege oder Mitarbeiter möglicherweise ein Suchtproblem hat. Darin werden Fragen wie „Darf der Arbeitgeber eine Überprüfung des Alkoholspiegels anordnen?“, „Wie können betroffene Beschäftigte angesprochen werden?“ oder „Wann spricht man überhaupt von einem riskanten Alkoholkonsum?“ beantwortet. Außerdem enthält die Broschüre einen Interventionsfahrplan, wenn suchtbedingt arbeits- oder dienstrechtliche Pflichten verletzt werden. Die Broschüre informiert in weiteren Kapiteln über Medikamentensucht und Drogenmissbrauch und gibt Tipps, wie Suchtprävention im Betrieb erfolgen kann.
- Zur DHS-Broschüre Suchtprobleme am Arbeitsplatz (PDF)
- Infoportal sucht-am-arbeitsplatz.de
- Beratungsstellen und Behandlungseinrichtungen deutschlandweit auf suchthilfeverzeichnis.de
Akiko Lachenmann
Titelfoto: © AxelBueckert/iStock
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