
Ein Jahr Corona
Wie Unternehmen die Pandemie aushalten
Im vergangenen Jahr haben wir Unternehmen vorgestellt, die in der Corona-Pandemie neue Wege gegangen sind. Was ist aus dem Software-Hersteller Connfair und dem Messebauer Fair Care! geworden?
Für den Sommer sind wir gerade mit mehreren Open-Air-Veranstaltern im Gespräch. Und wir reden ganz konkret mit Messeveranstaltern, die Hygienekonzepte entwickelt haben und die mit unserer Unterstützung umsetzen wollen. Die ersten Veranstaltungen sollen im Juni stattfinden. Das ist natürlich, wie alles derzeit, unter Vorbehalt.
Ich habe mich schon oft gefragt, ob die Pandemie eher eine Chance oder ein Tritt in den Hintern ist. Auf der einen Seite hat sie uns vorangebracht: Wir haben mediale Aufmerksamkeit bekommen, das war für ein kleines Start-up wie uns eine super Sache, auch weil uns auf einmal neue Investoren auf dem Zettel hatten. Auf der anderen Seite war insbesondere der mehrmonatige Lockdown seit November sehr zermürbend. Und keine Planbarkeit zu haben – bis heute –, macht es schon schwer.
„Ich habe mich schon oft gefragt, ob die Pandemie eher eine Chance oder ein Tritt in den Hintern ist.“
Aber, und das ist das Gute für uns: Einlass-Management, Besucherregistrierungen und Kontaktdatenerfassung haben durch Corona deutlich an Bedeutung gewonnen – und da können wir vom Club- bis zum Restaurant- oder Konzertbesuch alles abdecken und stehen in den Startlöchern.“
Messebau Fair Care!
„Wir sind die Problemlöser“
Sven Obert ist Geschäftsführer des Messebau-Unternehmens Fair Care! aus Frankfurt am Main. Kurz bevor die Corona-Welle über Deutschland einbrach, hatte er 100.000 Euro in eine neue Fräsmaschine investiert, die er kurzerhand umfunktionierte, um Spuckwände herzustellen. Hier erzählt der 58-Jährige, ob ihn diese Idee durch die Krise gebracht hat.
„Wie viele Spuckwände wir mittlerweile gebaut haben, kann ich gar nicht sagen. Aber: Sie bestimmen noch immer einen Teil unseres Tagesgeschäftes. Jetzt sind es allerdings mehr Spezialanfertigungen. Hauptsächlich für Büros, um Arbeitsplätze abzutrennen. Der Bedarf für den direkten Kundenverkehr etwa in Apotheken, Arztpraxen, Behörden und Ämter, der uns durch den Frühling und Sommer getragen hat, ist mittlerweile gedeckt. Damals war die Nachfrage enorm. Und das Geschäft lief gut – auch weil wir unseren Kostenapparat drastisch senken konnten. Die Materialkosten waren deutlich geringer, die Produktion lief aus der Werkstatt heraus – und teure Transport-, Reise- und Übernachtungskosten, die sonst unser Business ausmachen, fielen weg. Das hat uns zwar nicht reich gemacht, aber die Liquidität gesichert.
Unser Geschäft hat sich im vergangenen Jahr grundlegend geändert. Ich bin seit mehr als 20 Jahren Messebauer. In all der Zeit hatten wir immer eine gute Vorstellung, wie das Jahr laufen wird. Wir konnten weit im Voraus planen. Das ist vorbei. Jetzt leben wir vom Tagesgeschäft, schauen, was morgens per Mail reinkommt, und nehmen mit, was geht.
Im Moment bauen wir viele Läden und Showrooms um und aus. Trotzdem war es auch für uns nicht immer möglich, Kurzarbeit abzuwenden. Gerade in der Produktion gab es in den vergangenen Monaten immer mal wieder Leerzeiten. Aber wir haben die Kurzarbeit nur angemeldet, wenn wir sie wirklich nicht vermeiden konnten.
Im Herbst gab es ein kurzes Hoch. Einige kleinere Messen konnten stattfinden. Das war ein echtes Highlight. Es hielt nur nicht sehr lange an. Bei einer Messe etwa hatten wir schon alles aufgebaut, als sie dann doch kurzfristig abgesagt wurde. Da blieb uns nur, alles wieder einzupacken. Auf einem Teil der Kosten sind wir hängen geblieben.
Neue Kunden durch Spuckwände
Das Positive ist, dass wir unseren Kundenstamm in den vergangenen Monaten weiter ausbauen konnten. Firmen, die uns über die Spuckwände kennengelernt haben, haben uns auch für Folgearbeiten engagiert. Für die sind wir die Problemlöser. Das ist ein ziemlich gutes Image.

Sven Obert, Inhaber von Fair Care!, hat sein Messegeschäft auf Plexiglasaufsteller umgestellt.
Was mich durch die Krise bringt, ist mein positives Denken. Ich vertraue darauf, dass ich es schaffe, unsere Firma auch durch die nächsten Monate zu manövrieren. Sich hinstellen und jammern: Das ist nicht mein Ding. Ich versuche stattdessen den Betrieb so normal wie möglich weiterzuführen – so gut das eben geht.
Unsere Branche steckt noch immer fest. Das lässt sich nicht ändern. Unsere Messekunden sind sehr zurückhaltend. Verständlich. Wer weiß schon, was der Sommer und der Herbst noch bringen werden? Selbst wenn irgendwann alle geimpft sein sollten, weiß doch niemand, wie die neue Normalität aussehen wird. Wir nehmen es deshalb so, wie es kommt. Jeden Tag aufs Neue.“
Nele Justus
Titelfoto: © iStock/Beton studio
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