
Arbeitnehmer ab 50
Im besten Alter – auch für eine Bewerbung?
Eine Bewerbung mit 50 plus ist wie Lotto spielen: Manchmal hat man Glück – meist aber nicht. Ist das Begehren deshalb völlig chancenlos? Und wie sehen Sie die Leistung und Motivation älterer Beschäftigter eigentlich? Eine Selbsteinschätzung per Quiz.

Bewerbung ab 50: nur etwas für Superhelden?
Hartnäckig hält sich der Irrglaube, dass Produktivität und Alter in einem Zusammenhang stehen – obwohl Wissenschaftler hundertfach das Gegenteil bewiesen haben. Produktivität kann allgemein als Funktion von körperlichen und kognitiven Fähigkeiten sowie Erfahrung in bestimmten Kontexten definiert werden. Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik untersuchte 2018 die Arbeitsleistung von Jung und Alt in einem Lkw-Montagewerk anhand der Anzahl an Fehlern und der Schwere dieser Fehler. Bei einem Finanzdienstleister ermittelten die Forscher die Arbeitsleistung anhand der Anzahl ausgeführter Vorgänge innerhalb jedes Arbeitsteams.
Das Ergebnis: In beiden Untersuchungen zeigten sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Produktivität bis zum Alter von 65 Jahren abnimmt. Im Lkw-Montagewerk stieg die Produktivität bis zum Alter von 65 sogar leicht an. Hier machten Ältere zwar öfter Fehler, jedoch seltener solche, die hohe Kosten verursachen. Im zweiten Fall sank die Produktivität bei leichteren Routinetätigkeiten mit dem Alter. In Teams, die kompliziertere Vorgänge bearbeiteten, stieg die Produktivität dagegen mit dem Alter an.
Markus K. nutzt die Zeit seiner Beschäftigungslosigkeit unter anderem, um sich fortzubilden: Drei neue berufliche Qualifikationen hat er sich bislang angeeignet – als Projektmanager und in Betriebswirtschaftslehre. Sein Netzwerk in der Branche erweitert er ständig. Auf rund 5.000 Personen schätzt er es mittlerweile. Manchmal wird er zu einem Vorstellungstermin eingeladen: „Oft wird befürchtet, dass ich nicht lange bleibe, weil das Gehalt entsprechend niedriger ist als bei meinem alten Arbeitgeber“, sagt Markus K. „Wenn man einmal viel verdient hat und sich auf eine niedrigere Position bewirbt, dann heißt es, man sei überqualifiziert. Dass ich vielleicht ganz andere Ansprüche an die neue Stelle habe, verstehen Arbeitgeber selten.“ Rund 20-mal im Jahr wirft er seinen Hut in den Ring, mal initiativ, mal auf eine Online-Annonce, mal auf den Wink eines Kontakts. „Ich glaube an mich.“ Ein Wochenende mit sieben Tagen kann er sich noch lange nicht vorstellen.
Das Altersquiz
Wie sehen Sie verschiedene Ebenen von Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft älterer Beschäftigter ab etwa dem 50. Lebensjahr?
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Ihr Ergebnis
Vorurteile abbauen!
Von 50 möglichen Punkten haben Sie weniger als 30 erreicht, das ist ausbaufähig! Lesen Sie sich daher unsere „Auflösung und Anmerkungen zum Altersquiz“ durch. Sie werden erstaunt sein, was Forscher zu Leistung und Motivation von Arbeitnehmern ab 50 herausgefunden haben.
Ihr Ergebnis
Kein Problem mit dem Alter!
Sie haben 30 oder mehr Punkte erreicht. Ihre Vorbehalte gegenüber älteren Arbeitnehmern scheinen sich in Grenzen zu halten. Im folgenden Abschnitt „Auflösung und Anmerkungen zum Altersquiz“ erfahren Sie konkrete Studienergebnisse zu Leistung und Motivation von Arbeitnehmern ab 50.
Altersquiz von Prof. Christian Stamov Roßnagel, Organisationspsychologe an der Jacobs University Bremen, erschienen in der INQA-Broschüre „Alle in eine Schublade – Altersstereotype erkennen und überwinden“
Auflösung und Anmerkungen zum Altersquiz
Wo lagen Sie richtig, wo nicht?
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… richtet sich auf andere Aufgaben als die Jüngerer.
Ältere machen nicht zwangsläufig nur noch „Dienst nach Vorschrift“. Wenn die Arbeitsgestaltung Schwerpunktwechsel zulässt, ist hohe Motivation über das gesamte Berufsleben hinweg möglich. Bei Älteren steigt die Präferenz für Arbeitsaufgaben, bei denen z. B. Wissen und Erfahrung weitergegeben werden können oder andere angeleitet werden können. Jüngere geben hingegen höhere Präferenzen für lernbezogene Aufgaben an, bei denen die Erweiterung der eigenen Handlungskompetenz im Vordergrund steht. Ältere sind demnach nicht weniger, sondern anders motiviert.
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… produktiver, wenn das Team vom Vorteil der Altersmischung überzeugt ist.
In der Forschung gab es lange uneinheitliche Befunde. Altersgemischte Teams waren je nach Studie mal produktiver (größerer Pool an Problemlösungsressourcen durch den breiteren Erfahrungshintergrund der Mitglieder), mal weniger produktiv (mehr Konflikte zwischen den Generationen). Die aktuelle Forschung deutet darauf hin, dass diese Unterschiede in den Befunden durch die Erwartungshaltungen eines Teams erklärt werden können: Teilen die Teammitglieder die Auffassung, dass Altersmischung gut sei, treten die Problemlösungsressourcen in den Vordergrund. Betont wird zudem der Einfluss der Arbeitsaufgabe und der Führung, damit die positiven Wirkungen altersgemischter Teamzusammensetzung zum Tragen kommen.
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… wichtiger, weil sie sich oft als „altes Eisen“ fühlen und an ihren Fähigkeiten zweifeln.
Betriebs- und branchenübergreifende Daten einer Studie zeigen, dass entgegen den Auffassungen vieler Führungskräfte Ältere stärker als Jüngere von der Unterstützung durch Führungskräfte profitieren, weil sie – vor allem unter negativem Altersklima – an ihren Fähigkeiten zweifeln. Zugleich empfinden sie Unterstützung als besondere Wertschätzung, deren Bedeutung mit dem Alter zunimmt.
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… genauso gut wie bei Jüngeren, wenn die Medien didaktisch gut gestaltet sind.
Zwar berichten Ältere häufig von geringerem Zutrauen in die eigenen Fertigkeiten im Umgang mit neuen Medien, aber es gibt keine Befunde, dass sie deswegen automatisch Vorbehalte hegten, neue Medien für berufsbezogenes Lernen zu nutzen. Auch nachlassende Sehkraft und andere kognitive Einbußen sind kein echtes Problem – wenn die Medien benutzerfreundlich gestaltet sind. Bieten die neuen Medien sowohl eine ausgewogene Mischung aus Nutzerführung und Möglichkeiten zur Selbststeuerung, dann können Nutzer die geringen kognitiven Einbußen kompensieren, die die Lerngeschwindigkeit generell mindern.
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… ist in einer von zehn Dimensionen schlechter, ansonsten gleich oder besser.
In einer Auswertung von 380 Originalarbeiten zeigte sich, dass lediglich zwischen dem Alter und der Leistung in formaler Weiterbildung ein leicht negativer Zusammenhang besteht. Allerdings weisen die Autoren darauf hin, dass bei diesen Studien lediglich die Leistung nach der Weiterbildung erfasst wurde, nicht aber das Vorwissen. Es kann also nicht beurteilt werden, ob der Lernzuwachs Alterseinflüssen unterliegt. Bei anderen Studien beruhen die Bewertungen auf Vorgesetzten-Urteilen. Der Einfluss der bei Vorgesetzten möglicherweise herrschenden Altersstereotypen kann statistisch nicht berechnet werden, verzerrt aber potenziell das Ergebnis. Bei anderen Ebenen der Leistungsfähigkeit (Aufgabenleistung im engeren Sinne, Kreativität, Organizational Citizenship Behaviour – eine Größe, die die Bereitschaft erfasst, im Bedarfsfall freiwillig über die arbeitsvertraglich vereinbarten Aufgaben hinauszugehen, um die Gruppen- oder Organisationsleistung zu sichern, z. B. in Form des Einspringens für erkrankte Kollegen –, Absentismus, Sicherheitsverhalten, Substanzmissbrauch, häufiges Zuspätkommen, kontraproduktives Verhalten, z. B. Neigung zu Konflikten am Arbeitsplatz) gab es keine oder sogar positive Zusammenhänge mit dem Alter. Zusammengefasst gibt es also keine eindeutigen Belege für einen kausalen Zusammenhang zwischen steigendem kalendarischem Alter und sinkender beruflicher Leistungsfähigkeit.
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Annette Vorpahl
Titelfoto: © Sharomka/Shutterstock
Ich zu den älteren Menschen die arbeitslos sind. Und habe es sehr schwer einen Job oder einen 450BasisJob zu finden wurde viel ablehnet.
Aus meiner Erfahrung in der Betreuung von Beweber*innen und nun Arbeitgeber*innen einen Ratschlag, wenn Sie als Bewerber*in mit der neuen Stelle kürzer treten wollen
Schreiben Sie in die Bewerbung, was sie sich nun vorstellen: Aufgabengebiet und Gehalt. Sinngemäß: "ich bin nicht alt und verbraucht - sondern alt und weise und so möchte ich meine Karriere ausschleichen lassen" - analog zu einem vorausschauendem Firmeninhaber, der seine Geschäfte vor Renteneintritt übergibt.
Schließlich gibt es Anlässe im Leben, die unsere Wünsche für das Berufsleben verändern: Will ich Zeit für meine Enkel*innen haben, mache ich eben keine Weltreisen mehr.
AG, die ich befragt habe, hätten ohne ein aussagekräftiges Anschreiben Bedenken, ein niedrigeres Gehalt anzubieten.
Noch ein Tipp: Nicht nur mit den eigenen Erfolgen und Berufserfahrung glänzen, sondern als Mensch, der Lust auf Team hat, auf Austausch mit Jüngeren etc. Damit kann man die Angst nehmen, dass der/ die Neue/r 50+ sich nicht in Team einfügen will und eigentlich keine jüngeren Vorgesetzten akzeptieren würde!
Also: Wind aus den Segeln nehmen und nun viel Erfolg!
Ich bin gut ausgebildet, habe sehr gute Deutsch- und Fremdsprachenkenntnisse, kenne mich in der digitalen Welt aus, bin gesund, fit, gepflegt, positiv eingesellt und kann andere mitreißen oder motivieren. Oft sind jüngere Menschen froh, wenn sie jemand fragen oder sich jemand anvertrauen können. Dann akzepieren sie Ältere, weil sie sie als Teil des Teams empfinden. Erledigen Ältere ihre Aufgaben schneller und besser als Jüngere, dann zählt das Ergebnis, nicht das Alter. Altersangaben verleiten zu Pauschalurteilen. Das gilt für Ältere (langsam, unbeweglich, krankheitsanfällig etc.) wie für Jüngere (respektlos, Null-Bock, Handy-Gucker). Ist das so? Tatsache ist, dass kein Junger, der Ältere ablehnt, daran denkt, dass er selbst einmal alt sein wird. Statt über die *-Genderitis (m/w/s) zu reden, sollte man den Gedanken der Gleichrangigkeit von Männern und Frauen praktizieren und die Gleichwertigkeit von Jüngeren und Älteren einbeziehen. Wirtschaftlicher ist das allemal. Moralischer sowieso. Ehret die Alten, denn sie waren wie Ihr seid, und Ihr werdet sein, wie sie waren!