Recruiting in schwierigen Branchen

Auch Metzgereien leiden unter Nachwuchskräftemangel. Die Traditionsfleischerei Freyberger bahnt sich mit Social Media einen Weg aus der Krise.


04.07.2018 - Nadine Osterhues -3 MinutenMitarbeiter finden

Das Handwerk in ganz Deutschland leidet unter Nachwuchskräftemangel. Auch Metzgereien trifft es hart. Dass es Wege aus der Krise gibt, zeigt das Beispiel der Traditionsfleischerei Freyberger aus Franken. Geschäftsführer Sven Freyberger setzt auf den Ausbau der Geschäftsfelder – und Social Media.

„Als Metzger kann ich mich nicht auf der Tatsache ausruhen, dass ich Stammkunden habe. Auch ein schicker Verkaufstresen reicht nicht. Es braucht verschiedene Standbeine, um Kunden zu halten und neue zu gewinnen. Wir brauchen eine unverwechselbare Identität – nicht nur für unsere Kunden, sondern auch für die Nachwuchskräfte.

Unsere Branche hat keinen guten Ruf. Jugendliche denken: ,Ich will nicht Tiere zerteilen und hinter einem Tresen stehen, wenn ich Abi machen und studieren kann.‘ Das Resultat des Imagewandels: Filialen werden geschlossen, Öffnungszeiten gekürzt, Personal vom Tresen abgeworben – in den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der Fleischerhandwerks-Betriebe bundesweit auf fast 13.000 halbiert. Vielen Betrieben fehlt es an Nachfolgern, Fachkräften und Auszubildenden, die das Geschäft am Leben halten. Ende der Neunziger gab es noch gut 10.000 Azubis, 2016 gerade mal 3095.

Gut kochen und essen ist gefragter denn je

Dass der Beruf einer der vielseitigsten im Handwerk ist, wissen die wenigsten. Gut zu essen und zu kochen ist ein Lifestyle und gefragter denn je. Um diesen Markt zu bedienen, braucht es qualitativ hochwertige Produkte und das Wissen, wie man sie zubereitet. Aber noch viel mehr braucht es eine Philosophie hinter dem Geschäftskonzept. Uns geht es um Genuss, nicht um Masse. Wo kommt ein Rind her, wie wurde es gehalten, was hat es gefressen?

Wir machen auf verschiedene Weise auf uns aufmerksam: Unter anderem bieten wir Grillseminare und Steak-Tastings an und bilden uns ständig weiter. Ich absolviere gerade eine Ausbildung zum Gewürz-Sommelier, um noch mehr über Aroma, Geschmack und die Kombinationsmöglichkeiten von Kräutern und Gewürzen zu erfahren. So kann ich mir außergewöhnliche Rezepte für unsere Food-Seminare ausdenken. Der Beruf macht einfach Spaß, weil er kreativ, vielseitig und ausbaufähig ist.

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© Metzgerei Freyberger KG - „Keine Sorge, liebe Kunden, Daniela geht nicht. Aber manchmal geht sie in den Urlaub, und da brauchen wir jemanden, der die feinen Wurstbrote verkauft.“ So auffällig suchte die Metzgerei Freyberger auf Facebook nach einer Verkäuferin.

Fleischerei-Freyberger-Community auf Facebook

Ein Standbein, das nach und nach wächst – das haben wir zu Beginn vollkommen unterschätzt –, ist unser Social-Media-Bereich. Mittlerweile haben wir gut 2000 Facebook-Abonnenten, das sind mehr Menschen als Stammkunden unserer Metzgerei, und die gibt es immerhin schon seit 60 Jahren.

Unsere Community reagiert auf fast alles, was wir auf Facebook posten. Zum Beispiel auf unsere Teilnahme an Grillmeisterschaften oder Kochvideos. Viele Kunden kommen in unseren Laden, weil sie auf Facebook gesehen haben, dass wir gerade Wurst mit Blattgold und Süßholz kreieren. Ich glaube, dass wir selbst für Kunden, die uns noch nie besucht haben, durch unsere Aktivitäten im Netz ein Gesicht bekommen.

Zitat:

"Unser Kosmos besteht aus weit mehr als nur geschlachteten Tieren."

Sven Freyberger

Unsere Nachwuchskräfte fühlen sich animiert von unserem Kosmos, der aus weit mehr als nur geschlachteten Tieren besteht. Wir haben drei Azubis und vier Gesellen. Etwa 15 Mitarbeiterinnen stehen hinter den Verkaufstheken, in den Küchen weitere 15 Mitarbeiter. Zehn Fahrer wechseln sich am Steuer unserer Lieferfahrzeuge ab. Unsere Mitarbeiter sind das Gesicht des Unternehmens. Ohne sie gibt es uns nicht. Deshalb ist Nachwuchs, den wir selbst ausbilden, auch so wichtig für uns.

 

Nachwuchswerbung: „Ain’t no Wurstbrot, when she’s gone“

,Ain’t no Wurstbrot, when she’s gone‘ – heißt es auf einem unserer Plakate, auf dem wir für Nachwuchs werben. Eine unserer Verkäuferinnen ist darauf zu sehen. Auf einem anderen Plakat sieht man unseren Metzgergesellen Björn. Er trägt eine Krawatte aus unserem hauseigenen Gelbwurstdarm, raucht eine Salami-Zigarre und spielt den Mafioso: ,I will make you a Bratwurst and you cannot refuse‘, steht unter dem Bild. Das kam gut an, und als wir die Kampagne auf Facebook posteten, wurde sie sehr positiv kommentiert.

Der Weg aus der Krise ist noch längst nicht gebahnt. Es ist nach wie vor nicht leicht, genügend Personal zu bekommen, und wir stehen erst am Anfang unserer Online-Strategie. Jetzt geht es darum, potenziellen Lehrlingen zu zeigen, dass wir sie für unsere kreative Branche brauchen. Wir wollen sie nicht nur als Fleischverkäufer, Schlachter oder Köche, wir wollen sie als Mitgestalter unseres Unternehmens. Ihren Ideen sind dann praktisch keine Grenzen gesetzt.“

 


Titelfoto: © Clique Images/Stocksy