
Ausbildung
Sechs ehrliche Azubi-Wünsche an die Chefs
Mehr Gehalt? Einen Firmenwagen? Feste Arbeitszeiten? Azubis wünschen sich heute ganz andere Dinge als noch vor einem Jahrzehnt – vor allem aber Respekt und Verantwortung. Mit diesen sechs Aspekten punkten Lehrbetriebe bei der Generation Z.
Erfahrungsberichte
Das sagen Auszubildende
Sophie Hombrecher, 21, im zweiten Ausbildungsjahr zur Industriemechanikerin bei Hansgrohe in Baden-Württemberg
„Auf der Suche nach einem Lehrbetrieb waren mir mehrere Dinge wichtig: Ich wollte einen guten Arbeitgeber in der Region finden, unbedingt praktisch arbeiten und übernommen werden. Ich habe ein bisschen im Internet nach Firmen recherchiert, aber ausschlaggebender waren für mich die Erfahrungsberichte im Bekanntenkreis. Viele sprachen von Hansgrohe, einem führenden Unternehmen der Bad- und Küchenbranche mit 5.000 Mitarbeitern weltweit. Es bietet Ausbildungsberufe von der Industriekauffrau über den Werkzeugmechaniker bis hin zur technischen Produktdesignerin.

Sophie Hombrecher ist es wichtig, praktisch zu arbeiten.
Da ich schon immer gern gewerkelt und gebastelt habe, interessierte mich der Beruf des Industriemechanikers. Hansgrohe organisiert die gewerblich-technische Ausbildung so, dass alle Azubis im ersten Lehrjahr mit ihren Ausbildern ausschließlich an den verschiedenen Maschinen und Werkbänken einer Talentschmiede arbeiten, einem hochmodernen Ausbildungszentrum. Das fand ich toll!
Ich stellte es mir zwar nicht so leicht vor, als Frau in einem von Männern dominierten Beruf zu arbeiten, das Bewerbungsgespräch hat meine Bedenken aber zerstreut. Es verlief sehr offen und nett, die Ausbilder erzählten auch von den Zukunftsaussichten: Azubis werden in der Regel übernommen. Zu Anfang der Ausbildung ging es mit allen Lehrlingen auf eine Selbstversorgerhütte in den Schwarzwald. Das fühlte sich an wie eine Klassenfahrt! Dort gab es keinen Handyempfang, wir kochten, kletterten und wanderten durch Bäche – so haben wir uns und die Ausbilder gut kennengelernt. Vielleicht ist das der Grund, warum wir heute ein eingeschworenes Team sind.
„Das Lernen hört nie auf.“Sophie Hombrecher, Auszubildende zur Industriemechanikerin
Ich lerne hier jeden Tag etwas Neues, und es ist nie langweilig. Nach dem ersten halben Jahr gab es einen Workshop, in dem wir unsere bisherigen Eindrücke und Erfahrungen ausgetauscht haben. Zur Mitte der Ausbildung ziehen wir mit unseren Ausbildern eine Halbzeitbilanz, und gegen Ende der Lehrzeit findet der Workshop „Neue Horizonte“ statt, in dem wir über unsere Zukunft im Unternehmen sprechen.
Heute bin ich Patin eines neuen Azubis. Ich erkläre ihm alles und nehme ihm die Nervosität. Das gelingt mir ganz gut, weil ich mich immer routinierter im Unternehmen bewege. Das Lernen hört nie auf. Auch nicht, wenn ich einmal übernommen werde. Dann kann ich mich noch intensiver auf dem Hansgrohe Campus weiterbilden. Das ist eine Lernplattform mit sechs Fakultäten von „Digitalisierung“ bis hin zu „Strategie & Innovation“. Dort gibt es Vorträge, Workshops oder auch Onlinekurse. Wichtig ist aber auch, dass ich mich hier mit anderen Mitarbeitern vernetzen und meinen Horizont erweitern kann. Was brauch’ ich da noch mehr?“
Tim Köchling, 20, im zweiten Lehrjahr zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel/Wirtschaftsfachwirt beim Agrarhandelsunternehmen Agravis in Nordrhein-Westfalen
„Ich wollte schon immer in einem großen, etablierten Unternehmen arbeiten, in dem ich Verantwortung übernehmen kann. Meine Horrorvorstellung von einem Lehrbetrieb wäre gewesen, den ganzen Tag nur herumzustehen oder Kaffee zu kochen.

Tim Köchling übernimmt auch als Azubi gern Verantwortung.
Ich interessiere mich schon seit meiner Kindheit für Landwirtschaft und die Frage, wie man etwas anbaut und erntet. Bei meiner Internetrecherche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz stieß ich auf das Unternehmen Agravis, nicht weit von meinem Wohnort entfernt. Auf der Homepage konnte ich Artikel und Filme anklicken, in denen Azubis über ihre Arbeit berichten. Egal aus welcher Abteilung sie kamen, immer erzählten sie davon, wie selbstständig sie arbeiten dürfen. Das hat mir gefallen.
Heute bin ich selbst Lehrling bei Agravis und profitiere von einer ganz vielseitigen Ausbildung. Zum Beispiel durfte ich mit einem Team von 14 Lehrlingen ein kleines Start-up gründen, ein fast autark laufendes Projekt, in dem wir sehr eigenverantwortlich arbeiten können. Wir entwickelten ein Geschäftsmodell für Gemüsegärten, die wir an Städter ohne Garten vermieten. 70 Prozent des Gemüsebeetes sind vorbepflanzt, 30 Prozent können die Kunden individuell gestalten. Wir gründeten ein Marketingteam, entwarfen Plakate, einen Kinospot mit Standbild. Außerdem gibt es das Team „Infrastruktur Acker“, in dem ich mich mit den anderen darum kümmere, dass die Flächen gepflügt und eingezäunt sind und die Wasserversorgung gut läuft.
„Wir lernen, auch mit Misserfolg oder Druck besser umzugehen.“Tim Köchling, Auszubildender zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel/Wirtschaftsfachwirt
Wir arbeiten selbstständig und tragen viel Verantwortung. Das ist nicht immer leicht. Manchmal haben wir tolle Ideen, die wir aber aufgrund rechtlicher Bestimmungen nicht umsetzen können. Aber so lernen wir unter anderem, auch mit Misserfolg oder Druck besser umzugehen.
Wenn alles gut klappt, habe ich später viele Möglichkeiten, bei Agravis oder einer Tochtergesellschaft unterzukommen: Ich kann Händler für Futtermittel, Saatgut oder Düngemittel werden, in der Abwicklung oder im Einkauf arbeiten.
Alle sechs Monate fragen mich die Ausbilder in einem Feedback-Gespräch, wie es mir gefällt und welche Ziele ich habe. So kann ich den Verlauf der Lehre sogar ein bisschen mitbestimmen. Genau das wünsche ich mir von einem Ausbildungsbetrieb.“
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Esther Werderinghaus
Titelfoto: © BONNINSTUDIO/Stocksy
was hat sich denn tatsächlich geändert? die Ansprüche sicher nicht. Ich erinnre mich noch an "meine" Azubis" (120)aus den Endachzigern die meinen Anspruch das sie zu den Besten gehören sollten, mit mir diskutierten und mit tollen Vorschlägen (ich sage bewusst nicht Forderungen) kamen z.B Computer in der LW mit Programmen, die sie u.a. auf die neuen Technologien in der Fertigung die wir damals installierten vorbereiteten und sie zu begehrten Mitarbeitern machten.
Und sie konnten stolz über ihre Lehre bei "ihrer" Firma zuhause, im Verein und der Schule sprechen.-denn sie waren die Besten....
Heute würde man viele Begriffe verwenden wie z.B. employer Branding etc . wir haben uns einfach um die Mitarbeiter gekümmert weil wir als Führungskräfte wussten das wir ohne sie nicht wirklich erfolgreich sein können.
Im Übrigen wurde ich extrem gut von den Kollegen und der GF unterstützt auch die konnten "angeben"