
Neue Perspektiven durch Umschulung
Vom Koch zum Mechatroniker
Selbst bekannte Adressen wie Audi finden nicht ausreichend Fachkräfte. Eine Abteilung hat die Initiative ergriffen und sich in Kooperation mit der Arbeitsagentur auf die Suche nach geeigneten Kandidaten für eine Umschulung zum Kfz-Mechatroniker gemacht. Mit Erfolg.

Carsten Grimm
Im Oktober 2019 ging es dann los: Wir sind 13 Azubis – anfangs waren wir 23 – und sind alle so Ende 20 bis Anfang 40 Jahre alt. Wir werden von Trainern des Bildungsträgers steep GmbH unterrichtet, und zwar mittlerweile vorwiegend im ,Audi Service Training Center Neuss‘, einem großen Schulungszentrum. Unser Klassenzimmer ist unterteilt in einen Unterrichtsbereich für die Theorie und einen Bereich mit Fahrzeugen und Komponenten jeglicher Art für die Praxis. Wir können also das Erlernte direkt nebenan am Objekt ausprobieren.
Der Stoff ist ziemlich umfangreich und anspruchsvoll. Oft sitzen meine Kollegen und ich noch nach Feierabend zusammen im virtuellen Klassenraum und arbeiten das Erlernte nach, denn am nächsten Tag kommt schon wieder neuer Stoff. Aber ich habe ja den Rücken frei: Meine Familie steht voll dahinter, außerdem erhalte ich weiter Arbeitslosengeld und kriege sogar die Fahrt ins Schulungszentrum erstattet.
Die Motivation stimmt bei allen Teilnehmern. Denn am Ende des Weges erwartet uns eine spannende und erfüllende Arbeit in einer Branche, die niemals stillsteht.“
Fünf Fragen an
Wulf Kammer, Abteilung Service-Qualität, Vertrieb Deutschland Audi AG
Herr Kammer, was hat Ihre Abteilung dazu bewogen, dieses Projekt ins Leben zu rufen?
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass in Deutschland ein Mangel an Fachkräften herrscht. Gerade für die technisch sehr anspruchsvolle Arbeit als Kfz-Mechatroniker tun sich unsere Partnerbetriebe zunehmend schwer, geeignete Mitarbeiter zu finden. Das hat unsere Abteilung – wir kümmern uns um die Service-Qualität unserer Partnerbetriebe – dazu veranlasst, noch weiter über den Tellerrand zu blicken und die Suche auf weitere Zielgruppen auszudehnen, darunter auch auf die arbeitssuchenden Menschen.
Dieser Personenkreis hat unterschiedlichste Qualifikationen und Werdegänge. Das dürfte eine aufwendige Kandidatensuche gewesen sein.
Diese Aufgabe haben in erster Linie die Bundesarbeitsagentur und der Bildungsträger steep GmbH gestemmt: Die Agentur für Arbeit Mönchengladbach hat das Angebot mit Flyern und Infobroschüren kommuniziert und alle Kundenberater in der Umgebung darüber in Kenntnis gesetzt. Steep wiederum hat ein Verfahren entwickelt, aus der Menge der Interessenten die Personen herauszufiltern, die den Ansprüchen dieser Ausbildung gewachsen sind.

Wulf Kammer
Was können Sie den Teilnehmern anbieten?
Das Besondere an dieser Umschulung ist die Praxisnähe: Wir stellen den Teilnehmern die Räume unseres Service-Trainingscenters in Neuss zur Verfügung – das ist eines von bundesweit fünf Trainingscentern, die sonst ausschließlich Mitarbeitern unserer Partnerbetriebe zur Verfügung stehen. Im Trainingscenter Neuss können die Teilnehmer alles Erlernte umgehend in die Praxis umsetzen. Gegen Mitte und Ende der Umschulung sind zwei Praktika à jeweils drei Monate bei einem unserer Partnerbetriebe vorgesehen. Diese Praxisphasen dienen dazu, sich gegenseitig kennenzulernen und herauszufinden, ob sich beide Seiten auch eine langfristige Zusammenarbeit nach der Umschulung vorstellen können.
Können alle Teilnehmer nach der Umschulung durch Partnerbetriebe übernommen werden?
Im Idealfall schon. Die Teilnehmer erwerben neben den klassischen Ausbildungsinhalten viele Audi-spezifische Kenntnisse, aber beide Seiten sind zu nichts verpflichtet: Weder müssen die Teilnehmer übernommen werden, noch sind diese gezwungen, einen Arbeitsvertrag mit den Audi-Partnerbetrieben einzugehen. Zumal sie am Ende der Umschulung einen offiziellen und allgemeingültigen Abschluss als Kfz-Mechatroniker in der Tasche haben. Darum ist bei dem Projekt ja auch die Kraftfahrzeug-Innung Rhein-Kreis Neuss mit im Boot, in deren Ausbildungswerkstatt in Grevenbroich der überbetriebliche Schulungsanteil unterrichtet wird.
Planen Sie im Unternehmen weitere Projekte dieser Art?
Wir wollen zunächst das Ergebnis dieses Pilots abwarten. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass das Projekt Schule macht und für andere Marken des Volkswagen-Konzerns interessant ist.
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