
Fünf Punkte für die Nachwuchssuche
Wie kleine Unternehmen bei Azubis punkten
Wenn qualifizierte Jugendliche sich den Ausbildungsplatz aussuchen können, müssen gerade kleine Unternehmen auf sich aufmerksam machen. Jugendmarketing-Experte Jakob Osman erklärt in seinem Fünf-Punkte-Plan wie.
Interview mit Jakob Osman
„Falsche Versprechen riechen junge Leute sofort“
Ein Gespräch mit Jakob Osman, 30, Leiter der Personal-Marketing-Agentur „Junges Herz“ in Dresden.

Manchmal ist es zum Verzweifeln: Ein Unternehmen bietet Auszubildenden ein faires Auswahlverfahren, gute Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten – und trotzdem gibt es kaum Bewerber. Was läuft falsch?
Nicht viel. Denn das Unternehmen bietet schon mal etwas, das die meisten nicht bieten: eine gute Ausbildung. Wenn ich die nicht zusichern kann, kann die Außenwerbung noch so gut sein. Das wird auf lange Sicht kaum jemanden anziehen oder im Unternehmen halten. Wer eine gute Ausbildung ermöglicht, kann heute auf eine ganze Reihe von Marketingstrategien zurückgreifen. Das ist das geringere Problem.
Was ist das Kernproblem?
Viele Unternehmen halten schlichtweg nicht das, was sie versprechen. Wenn man sich anschaut, was Arbeitgeber für tolle Videos veröffentlichen, könnten Azubis denken, sie leben im beruflichen Schlaraffenland. Gerade im Einzelhandel oder bei Banken werden oft Traumwelten konzipiert, in denen spannende Auslandsaufenthalte, tolle Projekte, ein direkter Kontakt zum Kunden versprochen wird. In Wirklichkeit macht der Azubi einmal in drei Jahren einen direkten Kundenkontakt, und der Auslandsaufenthalt ist auch vergessen. Die Entscheider in den Personalabteilungen denken, das merken die Jugendlichen nicht. Aber falsche Versprechungen riechen die zehn Meilen gegen den Wind.
Wie denn, wenn sie noch nie im Unternehmen waren?
Das passiert ganz schnell über Mund-zu-Mund-Propaganda. Jugendliche hören von Freunden, anderen Azubis, Eltern oder Lehrern, welchen Eindruck der Arbeitgeber macht. Das sind Erfahrungsberichte. Jemand kennt jemanden, der jemanden kennt. Die Information, ob ein Ausbildungsplatz schlecht, mittelmäßig oder gut ist, macht gerade im ländlichen Raum schnell die Runde. In Großstädten ist Social Media das Mittel der Wahl, um über Ausbildungsunternehmen zu diskutieren. Das passiert heute aber eher via WhatsApp als öffentlich auf Facebook. Und auch bei den Großen verbreitet sich Lob genauso wie Kritik am Arbeitgeber – unter anderem über Arbeitgeberbewertungsportale oder Xing.
Was ist die Lösung?
Ich rate Unternehmen: Entwickelt die Rekrutierungskonzepte gemeinsam mit euren Azubis. Welche Inhalte will man preisgeben, was ist verbesserungswürdig – da kommt dann nebenbei auch so manches zum Vorschein. Nehmt euch einen Tag Zeit, um alles Reizvolle an der Ausbildung zu beleuchten. Da kommen ganz viele gute Ideen zustande, und darauf basiert dann eine authentische Kampagne.
Wie wichtig ist es, schon bei Kampagnen die unterschiedlichen Bedürfnisse von Jugendlichen zu berücksichtigen?
Sehr wichtig. Kein Mensch ist gleich, und die Fähigkeiten eines Jugendlichen lassen sich nicht nur an Zeugnisnoten ablesen. Leider ist das immer noch eine weitverbreitete Annahme. Unternehmen haben zu starre Leistungsgrenzen. Das Abitur fordern aber viele, und da muss ein Umdenken stattfinden: Macht für einen Kandidaten nicht eher ein duales Studium Sinn? Und lassen sich Hauptschüler wirklich partout nicht einsetzen? Da muss individueller geschaut werden. Wo kann jemand, der sich auf den ersten Blick nicht eignet, doch gut eingesetzt werden?
Welche Chancen sehen Sie in den Jugendberufsagenturen, die unter einem Dach Hilfsmaßnahmen in den Bereichen Wohnungssuche, Schulberatung, Sozialberatung, Berufsberatung und Arbeitsvermittlung vereinen?
Davon profitieren Jugendliche. Sie brauchen Transparenz: Warum soll ich gerade zu Schraubenhersteller X und nicht zu Y? Wo sind die Unterschiede? Da müssen sich Berater noch mehr mit den einzelnen Unternehmen auseinandersetzen und auch mehr Praktika und Schnuppertage vermitteln.
Braucht die Generation Z eine andere Ansprache als die Generationen davor?
Der Generation Z wird noch viel mehr als den Generationen davor unterstellt, eigenständig und im Denken völlig losgelöste Homeworker zu sein. Das ist Quatsch. Die sind konservativer, als man denkt. Auch sie sind unsicher und wissen oft nicht, was sie wollen. Sie brauchen genauso eine klare Ansprache wie die Generationen vor ihnen. Nur muss man heute noch gezielter um sie werben, da sie eine noch größere Firmenauswahl haben.
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Esther Werderinghaus
Titelfoto: © Plainpicture/Maskot
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