
Coaching
Experten fürs Aha-Erlebnis
Konflikte unter Kollegen, Veränderungen im Betrieb, Führungsprobleme von Chefs – es gibt viele Gründe, mit Coaches zu arbeiten. Warum es sich manchmal lohnt, die externen Sparringspartner bei Entscheidungs- und Veränderungsprozessen zurate zu ziehen.

„Vorhaben scheitern oft weniger an der Machbarkeit, als am nicht konstruktiven Zusammenwirken der Beteiligten.“Markus Classen, Businesscoach
Wie Coaching Probleme an der Wurzel packt
Genau hier setzt Businesscoaching an. Es ist ein Beratungskonzept, das Menschen in ihrer konkreten Situation in einem Unternehmen dabei unterstützt, eigenständig Lösungen für ihre Ziele herbeizuführen, die berufliche Situation zu verbessern und gesunde Lebenszusammenhänge herzustellen. Im Ergebnis ist diese ganz individuelle Begleitung einer Person oftmals günstiger, als Probleme auszusitzen oder das Budget in Führungskräfteseminare zu investieren, die nur generelles Wissen vermitteln, ein konkretes Problem aber nicht an der Wurzel packen können.
Was Coaching im Einzelnen bewirkt, ist so vielfältig wie die Aufgabenstellungen: Prozesse laufen geschmeidiger, die Belegschaft geht Konflikte konstruktiver an, die Kommunikation klappt besser, Work-Life-Balances sind ausgeglichener, Geschäftszahlen verbessern sich, unentdeckte Potenziale von Mitarbeitern werden gehoben oder wertvoller Führungsnachwuchs ans Haus gebunden.
Einiges davon konnte der Businesscoach Wolfgang Filbert bei einem westfälischen Autozulieferer erreichen. Dessen Geschäftsführer hatte einen erfahrenen Mitarbeiter vor drei Jahren zum Leiter eines zehnköpfigen Teams befördert. Fachlich war der Mann glänzend. Aber am Führungsstil gab es Zweifel. Der 53-Jährige sammelte etliche Überstunden an und konnte Aufgaben nicht vernünftig delegieren. In der Folge sank der Arbeitseifer einiger Mitarbeiter, die sich nicht mehr gefordert sahen.
Der 58-jährige Coach fand mit seinem Klienten heraus, dass dieser die Arbeit oft deshalb nicht abgab, weil er sein Team nicht belasten wollte. Über fiktive Mitarbeitergespräche erkannte der Abteilungsleiter, welche Bereiche er Mitarbeitern anvertrauen könnte, ohne sich selbst dabei unwohl zu fühlen. Am Ende des Coachings nach etwa einem halben Jahr waren die Überstunden gesunken und die Mitarbeiter gingen ihre neuen Aufgaben extrem engagiert an. Der Geschäftsführer stellte zudem fest, dass der Teamleiter seine Standpunkte auch in Führungsrunden sehr viel selbstbewusster vertrat.
Wie man den richtigen Coach auswählt
„Den Coachingerfolg machen gute Begleiter im Wesentlichen durch eine klare Zielformulierung messbar“, erklärt Filbert. Problemlos ist das bei quantifizierbaren Problemstellungen: Reduktion von Überstunden und krankheitsbedingtem Ausfall oder Steigerung der Absatzzahlen. Geht es um Befindlichkeiten oder die Gesundheit der Belegschaft, arbeiten Coaches oft mit Skalen: Umfragen unter den Mitarbeitern zu Beginn und am Ende des Coachings verdeutlichen die Veränderung.
„Die Arbeit im Mittelstand ist durch das Alltagsgeschäft bestimmt, viele Inhaber müssen spontan und situativ agieren“, weiß Markus Classen. Dank Coaching gelinge es, Prozesse methodischer anzugehen. Beispiel: Nach längerer Auszeit wegen eines Burn-Outs kommt ein Ingenieur zurück in die Entwicklungsabteilung. „Eine klassische Reaktion in vielen Betrieben ist nun: ‚Schön, dass du wieder da bist, lass uns reinhauen.‘“ Ein Businesscoach kann dagegen den Wiedereinstieg begleiten und systematisch hinterfragen, wie sich die Burn-Out-Gefahr im Zusammenspiel von Mandant, Chef und Mitarbeitern künftig reduzieren lässt.
Nicht ganz einfach ist die Auswahl des geeigneten Fachmanns. Coach ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Daher finden Interessierte im Internet sowohl Experten mit langjähriger Erfahrung und Ausbildung als auch ehemalige Personaler, die sich selbst zum Coach ernennen. „Coaches sollten von ihrer Ausbildung her sowohl psychologische als auch wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse mitbringen“, empfiehlt Birgitta Fildhaut. Gut sei zudem, wenn sie selbst Führungserfahrung haben. Neben Referenzen oder Mundpropaganda bietet die Mitgliedschaft in einem der großen Berufsverbände – DBVC, DVCT und DGfC – einen Anhaltspunkt.
In einem ersten Kontaktgespräch lässt sich prüfen, ob Coach und Auftraggeber harmonieren. Diese Vorgespräche bieten viele Coaches kostenlos an. Anschließend werden Stundensätze in Höhe von durchschnittlich 150 Euro fällig – so das Ergebnis einer DBVC-Umfrage. Die Einsätze umfassen im Schnitt 13,5 Stunden.
Checkliste
Wie ein Coaching-Prozess verlaufen kann
- Come together
Kennenlern- und Kontaktphase. Das Erstgespräch dient dem gegenseitigen Kennenlernen und dem Abschätzen, ob sich eine gemeinsame Basis zur Zusammenarbeit finden lässt. Die am Coaching interessierte Person benennt ihre Erwartungen, der Coach schildert Möglichkeiten und Grenzen seines Beratungsansatzes.
- Orientation
Inhaltliche Orientierung und Klärung der weiteren Vorgehensweise; die Fragestellungen des Klienten werden eruiert; seine Erwartungen werden in Zielformulierungen konkretisiert.
- Analysis
Genaue Analyse der Fragestellungen und Probleme; die Fragestellung und deren Umfeld werden aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht. - Change
Die Veränderungsphase wird oftmals als die „eigentliche“ Phase im Coaching angesehen, weil hier sichtbare Veränderungen stattfinden. Die Veränderungen haben meist schon vorher begonnen, werden aber hier bewusst thematisiert und forciert. - Harbour
Zielerreichung und Abschluss; Entwicklung eines Handlungsplans, Umsetzungsvereinbarung, Abschluss.
In Kürze
Die fünf wichtigsten Fakten zum Thema Coaching
- Ein Coach sagt nicht: „So ist es richtig, so ist es falsch“. Im Gegenteil: Coaches unterstützen Menschen in einer konkreten Situation in einem Unternehmen, eigenständig Lösungen für ihre Probleme und Ziele zu finden.
- Die Einsatzgebiete von Coaches im Mittelstand sind vielfältig: Konflikte, Positionswechsel, Führungskräfteentwicklung, Verhaltensreflexion, Nachfolge, Begleitung bei Strategiewechseln oder Personalabbau, Stressbewältigung oder Mitarbeitermotivation
- Diese Begleitung einer Person ist oft günstiger, als Probleme auszusitzen oder das Budget in Führungskräfteseminare zu investieren, die nur generelles Wissen vermitteln, ein konkretes Problem aber nicht an der Wurzel packen können.
- Da Coach keine geschützte Berufsbezeichnung ist, sollte man bei der Auswahl eines Coaches beachten, dass dieser sowohl psychologische als auch wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse mitbringt
- Im Durchschnitt verlangt ein Coach 150€ pro Stunde, der durchschnittliche Einsatz liegt bei 13,5 Stunden. Tipp: Es gibt öffentliche Förderprogramme, die Potenzialberatungen
Titelfoto: © Sarah Egbert Eiersholt
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