
Führungsqualität
„Achtsamkeitsübungen haben einen schnellen Effekt“
Claudia Härtl-Kasulke coacht seit fast 30 Jahren Führungskräfte dabei, bewusster und gesünder mit sich selbst umzugehen. Sie erklärt, warum Achtsamkeit so wichtig für Wohlbefinden und Produktivität im Führungsalltag ist, und wie sie gelingen kann.

Zur Person
Claudia Härtl-Kasulke
Dr. Claudia Härtl-Kasulke ist Inhaberin von bk+k Beratung Kultur + Kommunikation und begleitet seit fast 30 Jahren gemeinsam mit ihrem Team Menschen in Strategieentwicklungs- und Veränderungsprozessen sowie beim Gesundheitsmanagement.
Erfahrungsbericht
Achtsamkeit im Unternehmensalltag
Bärbel Simon, Leiterin des Diakonischen Werks Odenwald, über ihre Erfahrung mit dem Achtsamkeits-Coaching
„Ich habe Achtsamkeit nebenbei kennengelernt. Vor fünf Jahren hatten wir vor, verstärkt ins betriebliche Gesundheitsmanagement einzusteigen. Gleichzeitig stellten wir fest, dass wir dringend einen Strategieprozess brauchten. Unsere Beraterin Frau Härtl-Kasulke hatte eine ungewöhnliche Idee: Wir haben Gesundheitsmanagement und Strategie miteinander verbunden und Achtsamkeit und Resilienz in diesen Prozess einbezogen.
Wir sind der soziale Dienst der Evangelischen Kirche für unseren Landkreis. Unser Ziel ist es, Menschen zu stärken, individuell und in ihrem Umfeld. Um das bei schwieriger werdenden Rahmenbedingungen auch zukünftig erreichen zu können, brauchten wir neue Ansätze. Die größte Herausforderung in meinem Job ist vermutlich der ständige Wechsel, bei dem wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter permanent mitnehmen müssen. Dazu kommt eine ansteigende Arbeitsverdichtung für alle, die auch daher rührt, dass die Refinanzierung sozialer Arbeit nicht in dem Maß wächst wie die Personalkosten. Im Coaching haben wir eine Strategie entwickelt, die ein ausgewogenes Verhältnis von Mitarbeitenden-Gesundheit, Expertentum und Wirtschaftlichkeit beinhaltet.

Bärbel Simon
Die Gesamtstrategie hat recht kurzfristig Erfolge gebracht. Interessant ist, dass sich mit der Zeit auch der Umgang miteinander verändert. Der Ton war früher rauer, es gab mehr Missverständnisse. Als wir mit unserem Prozess starteten, gab es eine „Versäulung“ der verschiedenen Arbeitsbereiche. Jeder schaute nur nach sich. Inzwischen gibt es eine gute Zusammenarbeit und viel gegenseitige Unterstützung. Auch die Teambesprechungen sind deutlich weniger angespannt. Wir nutzen jetzt oft eine Methode, die wir achtsames Team nennen. Dazu gehört zum Beispiel, dass jemand aus dem Team bewusst die Aufgabe übernimmt, darauf hinzuweisen, wenn es unsachlich oder verletzend wird. Aber nicht selten bauen wir auch bei Bedarf eine Achtsamkeitsübung ein.
Ich setze Achtsamkeit bei wichtigen Führungsentscheidungen bewusst ein. Zum Beispiel bei einer Fallbesprechung unter Kolleginnen und Kollegen. Nachdem jemand einen Fall dargestellt hat, gehen wir nicht gleich in eine Diskussion, sondern schauen, welche Bilder in uns hochkommen. Diese inneren Bilder lassen wir ins anschließende Fachgespräch einfließen. Damit finden wir sehr tragfähige Lösungen.
Vor einiger Zeit war ich mit einer Kollegin im Gespräch mit einem potenziellen Kostenträger, bei dem der Verhandlungspartner ständig Überlegenheit signalisierte. Nach dem Gespräch sagte meine Kollegin: „Wow, das war gerade ein gutes Beispiel für resilientes Verhalten.“ Wir hatten uns nicht provozieren lassen, sondern die Sache mit etwas Abstand betrachtet und nicht bewertet. So konnten wir die Situation mit Humor nehmen und das Gespräch sogar mit einem positiven Kontakt zum Gesprächspartner beenden. Achtsamkeit und Resilienz gehören für mich zusammen.“
Die Zukunft der Führung
Der Film „Die Stille Revolution“ propagiert eine Arbeitswelt, in der Sinnhaftigkeit und Mitbestimmung als Führungsprinzipien auch den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen nutzen. Wie beurteilen Sie diese These?
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311 Teilnehmer
Liane Müller Zimmermann
Titelfoto: © Mind_and_I/iStock
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