
11-Punkte-Plan
Konflikte in Online-Meetings lösen
Mehr Teams denn je finden sich in Online-Meetings wieder. Wie in der echten Begegnung können sich auch hier Beteiligte angiften oder anschweigen. Allerdings kommen remote ein paar neue Konfliktherde hinzu. Wie erkenne ich diese? Wie spreche ich Konflikte an, wenn jeder vor seinem Rechner sitzt? Mediatorin Annette Vorpahl gibt Tipps für Führungskräfte.
Wir können online nicht auf alle Sinne zugreifen. Wir sehen zum Beispiel nur das Gesicht und den Oberkörper. Je größer das Team im Meeting ist, desto schwieriger wird es außerdem, den Einzelnen im Blick zu behalten: Ist der andere noch aufmerksam? Hat jemand bereits innerlich abgeschaltet?
7. Auf welche konkreten Anzeichen kann ich achten?
Ob sich Unmut breitmacht oder sogar ein Konflikt schwelt, lässt sich unter anderem an zwei Merkmalen feststellen: Während die einen immer mehr reden, laut werden und sich aufregen, verstummen die anderen und sagen nichts mehr. Oft vermeiden Menschen auch den Blickkontakt, sie schauen weg oder verdrehen gar die Augen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Möglicherweise zeigen sie kein Interesse mehr am Thema. Im schlimmsten Fall verlassen sie das Meeting einfach.
8. Was kann ich tun, wenn ich diese Anzeichen wahrnehme?
Es ist wichtig, um die genannten Symptome zu wissen, sie zu erkennen und Teammitglieder aktiv wieder ins Boot zu holen. Zum Beispiel kann ich einzelne Personen direkt ansprechen: „Tom, mich würde deine Meinung zum Thema interessieren.“ Oder ich schicke der Person eine private Chat-Nachricht. Die Führungskraft muss nicht immer Moderatorin oder Moderator sein, so kann sie sich besser aufs Beobachten konzentrieren. Moderatorinnen und Moderatoren sollten sich ein paar Formulierungen überlegen, die sich rein auf die Wahrnehmung beziehen, zum Beispiel: „Mir fällt auf …“ oder: „Ich merke …“
9. Wie spreche ich als Führungskraft einen Konflikt an?
Wenn die Stimmung dauerhaft angespannt ist oder ein Streit eskaliert, sind Sie in Ihrer Rolle als Konfliktmoderatorin oder -moderator gefragt. Vor jeder Konfliktklärung müssen erst einmal die Ursachen klar sein. Vorausgesetzt Sie selbst sind nicht am Konflikt beteiligt, sprechen Sie mit den beteiligten Konfliktparteien zunächst einzeln – am besten per Videotelefonie. So erkennen Sie nonverbale Signale zumindest teilweise. Folgende Fragen können hilfreich sein: Liegt es an den Rahmenbedingungen, also an der Technik, am Ort, am Raum, der Zeit? Hängt das Problem mit der Aufgabe zusammen? Oder ist der Konflikt persönlicher Art: Gibt es Reibereien zwischen zwei Personen, zwischen Gruppen innerhalb eines Teams?
10. Wie gehe ich im Gespräch mit den Konfliktparteien vor?
Prüfen Sie zunächst für sich, ob Sie eine neutrale Haltung als Vermittler einnehmen können. Wenn Sie unsicher sind, sollte ein HR-Experte oder externer Konfliktberater die Streitschlichtung leiten. Ansonsten bitten Sie beide Seiten zeitnah zum Gespräch. Zunächst werden ein paar Regeln geklärt: Jeder schaltet sein Video ein, man hört sich zu, lässt sich ausreden, beobachtet statt zu bewerten, verzichtet auf Vorwürfe – und ganz wichtig: verpflichtet sich zur Vertraulichkeit. Alles, was besprochen wird, bleibt bei den Teilnehmenden. Dann nennen Sie Anlass und Ziel des Gesprächs. Fragen Sie jede Seite: „Was ist aus Ihrer Sicht passiert?“ „Was stört, was belastet?“ Sie achten darauf, dass beide Seiten etwa gleich lange Redeanteile haben.
11. Wie kommt man zu einer Lösung?
So ein Gespräch wird häufig von allen Seiten als unangenehm empfunden, und man sucht gern schnell nach Lösungen. Aber erst wenn sich beide Seiten wirklich gegenseitig verstanden fühlen, kann mit der Suche begonnen werden: Was soll sich ändern? Woran würden Sie merken, dass der Konflikt beendet ist? Und: Was ist jeder bereit, dafür anders/neu zu tun? Am Ende steht eine Vereinbarung, die nach einer gewissen Zeit überprüft werden kann.
5 Tipps, um Konflikten online vorzubeugen
- Sorgen Sie für Austausch! Informelle, virtuelle Treffen sind wichtig und notwendig, als Verabredung zur Mittags- oder Kaffeepause oder auf einen Feierabenddrink.
- Führen Sie ein Kick-off-Meeting ein! Es hat sich bewährt, wenn sich die Teammitglieder erst mal zehn bis 15 Minuten austauschen können, bevor der offizielle Teil startet.
- Greifen Sie zum Telefonhörer oder sprechen per Videochat mit Ihren Mitarbeitenden, statt nur E-Mails zu versenden! Das ist persönlicher. Fragen Sie nach dem Befinden im Homeoffice, berichten Sie von eigenen Erfahrungen. Zeigen Sie sich ansprechbar.
- Fördern Sie den Austausch von Wissen über Projektstatus, neue Herausforderungen und Entwicklungen! Unklare Arbeitsaufträge, fehlende Transparenz über Arbeitsfortschritte und Ziele erzeugen Frust. Setzen Sie digitale Werkzeuge ein, um Aufgaben zu planen und deren aktuellen Stand zu erfahren.
- Nutzen Sie eine Checkliste für die gelingende Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten! Sie ermöglicht, immer wieder neu zu überprüfen, wo das Team bezogen auf den Umgang miteinander sowie die Aufgabenerfüllung steht, aber auch, ob die Führung ihren Job macht. Gemeinsam reflektieren Sie mit dem Team den aktuellen Ist-Stand im Vergleich zum gewünschten Zustand. Sie und das Team erkennen Probleme, aber auch Fortschritte und Lösungswege.
Annette Vorpahl ist Supervisorin und Coach in Bad Homburg.
Annette Vorpahl
Titelfoto: © iStock/sesame
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