Die neue CSR-Richtlinie kommt

Bald müssen auch kleine und mittelgroße Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte abgeben. Zum Glück kann man sich bereits heute auf die kommenden Herausforderungen vorbereiten.


21.12.2022 - Viktor Szukitsch -4 MinutenZukunft der Arbeit

Schon seit 2014 verpflichtet die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) bestimmte Unternehmen dazu, regelmäßig über Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Aktivitäten Auskunft zu geben. Nach zähen Verhandlungen hat das EU-Parlament nun eine Nachfolgeregelung verabschiedet, die es in sich hat.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, weitet den Kreis der betroffenen Unternehmen deutlich aus. Zudem wird der Status der Nachhaltigkeitsberichterstattung aufgewertet: Sie soll künftig genauso wichtig sein wie die anderen Aspekte des Geschäftsberichts. So will die EU gegen Greenwashing vorgehen und Unternehmen stärker für unser Klima in die Verantwortung nehmen.

Die Zustimmung des Europarates steht noch aus, genauso wie die genaue Ausarbeitung der inhaltlichen und formalen Anforderungen. Dennoch lohnt sich für Unternehmen ein Blick auf die bereits bekannten Details der neuen Direktive, um rechtzeitig die notwendigen Kapazitäten schaffen und Prozesse aufsetzen zu können.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen wird sich allein in Deutschland von etwa 500 auf 15.000 verdreißigfachen. Entscheidend ist dabei, dass eine Firma mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt: Sie hat mehr als 250 Beschäftigte, macht mehr als 40 Millionen Euro Umsatz oder hat eine Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Euro. Darüber hinaus gilt die Regelung für alle europäischen kapitalmarktorientierten Unternehmen (ausgenommen Kleinstunternehmen) sowie für nichteuropäische Firmen, die in der EU Geschäfte machen und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz erzielen. 

Wichtig ist, dass auch Firmen, die keine dieser Voraussetzungen erfüllen, indirekt von der Regel betroffen sein können, da berichtspflichtige Unternehmen relevante Informationen von ihren Subunternehmen einholen dürfen. Die Berichtsstandards sind hier allerdings deutlich niedriger. 

Wann greift die neue Regelung?

Die Anwendungsfrist der neuen Regelung ist so gestaffelt, dass Unternehmen, die bislang keine CSR-Daten erheben mussten, genügend Zeit haben, die notwendigen Prozesse dafür aufzusetzen. So gilt die CSRD für jene Unternehmen, die bislang auch von der NFRD betroffen waren, bereits ab dem ersten Januar 2024. Alle anderen großen Unternehmen müssen ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht erst ein Jahr später abgeben. Und am ersten Januar 2026 gilt die Direktive schließlich auch für börsennotierte KMU sowie für kleine Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen. 

Was ändert sich gegenüber der aktuellen Regelung?

Wie bereits erwähnt, wird an den Spezifika insbesondere der Umsetzung noch gefeilt. Dennoch zeichnen sich bereits vier Stellen ab, an denen es nennenswerte Änderungen geben wird. 

Zum einen wird in der CSRD die sogenannte doppelte Wesentlichkeit festgeschrieben. Demnach sind Unternehmen fortan verpflichtet, sowohl über die Auswirkungen ihrer geschäftlichen Aktivitäten auf Mensch und Umwelt Auskunft zu geben als auch über den Einfluss von Umweltthemen auf das eigene Unternehmen. Bisher hielten nur solche Sachverhalte Einzug in den Bericht, die beide Aspekte berührten. Künftig reicht einer. 

Eine weitere Änderung betrifft die Form und den Umfang der Daten, die Unternehmen künftig in ihre Berichte integrieren müssen. Das Ziel der Anpassungen wird sein, mittels allgemein gültiger Kennziffern Nachhaltigkeitsaspekte quantifizierbarer und damit leichter vergleichbar zu machen. 

Drittens wird sich der hohe Stellenwert der Nachhaltigkeitsberichterstattung künftig auch darin widerspiegeln, dass die diesbezüglichen Informationen nicht mehr in einem getrennten Dokument eingereicht werden können, sondern nunmehr verpflichtender Teil des Lageberichts sind.

Nicht zuletzt ist zu beachten, dass der Nachhaltigkeitsbericht genau wie die Bilanzberichterstattung von einer akkreditierten, unabhängigen Instanz geprüft werden muss. Die Prüfungstiefe soll dabei schrittweise erweitert werden, bis sie das hohe Niveau der finanziellen Prüfung erreicht. 

Wie sollten sich Unternehmen vorbereiten?

Vor allem für kleinere Unternehmen kann die Neuregelung zur Herausforderung werden. So erwartet zum Beispiel die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) „erhebliche Belastungen (…) die gerade den Mittelstand treffen werden“. Ausschlaggebend ist dabei vor allem der zeitliche und finanzielle Aufwand, den die umfangreiche Datenerhebung mit sich bringen wird. 

Umso wichtiger ist es darum, dass Unternehmen frühzeitig damit anfangen, sich auf ihre kommenden Pflichten vorzubereiten. So müssen zum Beispiel Zuständigkeiten innerhalb der Betriebe neu organisiert werden, um die nötigen Kapazitäten frei zu machen. In manchen Fällen wird es zudem unumgänglich sein, entsprechende Stellen neu zu schaffen – auch dies kann in Zeiten des Fachkräftemangels einiges an Zeit und Mühe in Anspruch nehmen. 

Darüber hinaus gilt es, einen Prozess für die Datenerhebung aufzusetzen. Dabei empfiehlt es sich, mit einer eingehenden Wesentlichkeitsanalyse anzufangen. Auf Basis der hier gewonnenen Erkenntnisse lassen sich dann Aussagen darüber treffen, welche Daten bereits vorliegen und welche noch fehlen. Erst dann lassen sich Schritte definieren, um die Datenlage sukzessive zu verbessern und dabei Investoren genau wie Zulieferer und Partner transparent miteinzubeziehen. 

Wenn all diese Punkte befolgt werden, können Unternehmen ihren neuen Verpflichtungen jedoch durchaus vorfreudig entgegensehen. Die CSRD stellt für Betriebe nämlich auch eine wichtige Chance dar: Denn durch die neue Regelung werden endlich solche Unternehmen belohnt, die schon lange auf die Nachhaltigkeit ihrer Prozesse achtgeben. Und alle anderen erhalten nun das richtige Incentive – und die notwendige Datenlage –, um ihren positiven Impact gezielt und effektiv zu erweitern. 


Titelfoto: ©iStock/Sakorn Sukkasemsakorn